Durch Libyen und Tenere

2 Die März-Reise

"Kamerun" steht auf dem Umschlag meines Tagebuches. Das Ziel war eindeutig. Auch die Route lag fest: Via Djanet, Bilma, Agadez. Wenn man nach Kamerun will bestimmt nicht der einfachste Weg! Vor allem der Abschnitt Djanet-Bilma machte uns Kopfzerbrechen: Diese Route ist offiziell gesperrt. Wie würden wir aus Djanet wegkommen?

Über Tunesien gings gen Süden, Hassi Messaoud und das algerische Erdölzentrum, Illizi, die Piste übers Plateau von Fadnoun. Claus war mit von der Partie, erfahrener Wüstenfuchs, nach LandroverAbenteuern reumütig zum VW-Bus zurückgekehrt, ich selbst mit Peugeot 504, Uli und Manfred als "Begleitpersonal".



16. MÄRZ, FREITAG

Am späten Nachmittag trudeln wir in Djanet ein. Unser Hauptinteresse gilt zunächst dem Benzin! Wir werden beruhigt, die Tanks der Station sind voll, aber ohne Fahrgenehmigung rückt der Tankwart keinen Tropfen des kostbaren Nass' heraus, die Fahrgenehmigung aber werden wir nur auf der heute (Freitag) geschlossenen Daira bekommen.

Der nächste Punkt auf unserer Dringlichkeitsliste: Informationen über den Pistenverlauf Richtung Bilma. Wir haben zwar von einem Bekannten, der während der Franzosenzeit diese Strecke gefahren ist, eine vage Beschreibung, aber keinerlei aktuelle Informationen. Auf dem Campingplatz sind eine Menge Wüstenfahrer versammelt, Unimogs, Landrover, MAN-Militärallrad und, und, und. Wir tasten uns vorsichtig vor, wissen wir doch, daß die Piste Djanet-Bilma offiziell verboten sein soll.

Schnell erfahren wir, daß einige Gruppen da sind, die auch gerne in dieser Richtung fahren wollen. Aber erst einige Tage zuvor sei eine sehr gut ausgerüstete Gruppe von Belgiern abgewiesen worden. Die Piste ist also tatsächlich offiziell verboten. Und ich mit dem Pkw werde eine Genehmigung in keinem Fall bekommen. "Fahren wir schwarz?" "Klar, wir haben sonst nur die Alternative, über Tamanrasset nach Süden zu kommen." Nachdem der Entschluß feststeht, machen wir uns auf die Suche nach dem Beginn der Piste Richtung Bilma. Im Touristen-Office hängt eine genaue Karte der Region, wir vergleichen dort unsere eigenen Unterlagen. Da bestehen freilich erhebliche Differenzen! Also raus ins Gelände! In der Nähe des Flugplatzes finden wir eine vielversprechende deutliche Piste. Wir folgen ihr einige Kilometer nach Süden, sie läuft genau auf eine große Düne zu, die dann auf ihrer ganzen Breite sorgfältig gepflastert ist! Da wurde Stein an Stein gelegt, die Piste wird zur Straße! Das kann nur eine wichtige Verbindungsstrecke aus der Franzosenzeit sein, wegen irgendeiner Nebenroute macht sich doch keiner diese Mühe! Auch nach unseren Unterlagen ist die Richtung nicht schlecht. Aber unmittelbar nach der Düne, verzweigt sich die Piste. Markierungen nach SSO, Markierungen nach SSW, die Spuren nach beiden Richtungen deutlich. Wohin jetzt? Wir folgen der einen Richtung ein Stück, dann genausoweit nach der anderen, keine Richtungsänderung! Welches ist die richtige Piste?

Wir fahren zurück nach Djanet, versuchen, weitere Informationen über die von uns gefundene Pistenverzweigung zu bekommen. Vergeblich. In einem Café sprechen wir einen Kellner darauf an, der von sich aus schon erzählt hatte, daß er immer wieder Touristen zu Felsgravuren in der Gegend führen würde. Er kennt sich aus und meint, die eine Piste würde nur zu Gravuren führen, die andere sei eine alte Piste, die Tamanrasset und Djanet via Erg Admer verbinde. Um ganz sicher zu sein, verabreden wir mit ihm einen Ausflug zu den Gravuren am nächsten Tag.

Am Abend unterhalten wir uns mit anderen Bilma-Interessenten. Es zeigt sich schnell, daß nur eine Mannschaft bereit ist, das Risiko des illegalen Benutzens dieser Piste einzugehen.

17. MÄRZ, SAMSTAG

Manfred, einziges Greenhorn in unserer Gruppe, ist schon um 5 Uhr in Djanet, er will sich einer geführten Tour zu den bekannten Felsmalereien anschließen. Wir selbst trödeln den halben Vormittag herum, da wir unsere Ausflugsreise mit dem Kellner erst in dessen Mittagspause unternehmen können. Immerhin erledigen wir an diesem Vormittag schon die Formalitäten. Nur wegen der Fahrgenehmigung werden wir auf den Nachmittag vertröstet. Wir lassen uns diese Genehmigung auf die Route Djanet-Tamanrasset ausstellen, so können wir im Zweifelsfall immer noch über Tam weiterfahren.

Um 12 Uhr steigt unser Kellner zu. Auch ihm gegenüber wollen wir nicht zu erkennen geben, daß wir nach Bilma wollen, und das ist gar nicht so einfach - soll er uns doch die Piste zeigen, die wir fahren müssen. Wir einigen uns darauf, intern von Bilma nur noch als "Tante B" zu reden, welch sinnige Verschlüsselung! Dann erkunden wir die von uns bereits ausfindig gemachten Pisten. Unser Kellner kennt sich tatsächlich gut aus, die beiden Pisten nach dem Dünen-Pflaster sind für uns tatsächlich uninteressant, wir müssen genau mit der Landebahn des Flugplatzes, parallel zu ihr, erst Richtung Osten fahren und dann nach soundsoviel Kilometern nach Süden raus aus den Bergen in die Tenere-Ebene hinein. Das sieht nicht gut aus! Entlang der Landebahn - da hat es Kontrollposten, da stehen Landrover von Polizei und Zoll! Was ist, wenn die uns bemerken? Wir sind wieder stark verunsichert, entschließen uns dann aber dazu, am Abend das Flugplatzrisiko zu überwinden. "Wenn sie uns verfolgen sagen wir einfach, wir seien auf der Suche nach einem Übernachtungsplatz. Auf die Idee, daß wir mit dem Peugeot und dem VW-Bus nach Bilma wollen, kommt so schnell keiner!" Doch - einer hat, wie sich erst viel später herausstellt, sofort kapiert, wo der Hase langläuft! Unser Kellner! Als mein Freund Jochen etwa 14 Tage später in Djanet ist, lernt er zufällig denselben Kellner kennen und fragt ihn, ob er nicht zwei Wochen zuvor unseren Peugeot und den VW-Bus gesehen habe. Doch, antwortet unser Kellner sofort, die sind nach Bilma gefahren!

Vorerst sind wir aber noch mit ihm auf Gravurensuche, finden mit seiner Hilfe die berühmte "weinende Kuh" und eine Reihe weiterer wirklich schöner Darstellungen. Am späten Nachmittag können wir unsere Fahrgenehmigung holen und mit dieser endlich tanken. Dabei kommt es zu einem Zwischenfall, der erneut zeigt, daß überhaupt keine Hoffnung bestand, eine offizielle Genehmigung für die Bilma-Route zu bekommen. Ein Militär-Rover fährt ebenfalls an den Zapfsäulen vor, ein Uniformierter, offensichtlich höherer Würdenträger, springt heraus und herrscht mich an: "Wie sind Sie mit diesem Fahrzeug - er meint meinen Peugeot hierher nach Djanet gekommen? Es gibt weder in Tamanrasset noch in In Amenas eine Genehmigung für Pkw auf den Pisten hierher nach Djanet!" Darauf waren wir schon vorbereitet und so hatten wir vorsorglich auf der Michelin-Karte eine Route ausgesucht, die In Amenas umgeht, aber nicht als "Piste interdite", verbotene Piste, gekennzeichnet ist. "Nun, hier sehen Sie auf der Karte, wir sind direkt von Ohanet aus nach Süden gefahren." "Dieses Märchen kenne ich schon, das erzählt doch jeder, der hier ohne Erlaubnis ankommt!" "Es mag ja sein, daß der eine oder andere tatsächlich illegal hier ist, aber wir sind tatsächlich auf dieser Piste gefahren." "Beschreiben Sie mir doch einmal, wie es auf dieser Piste aussieht!" Jetzt sauge ich mir bangen Herzens irgendwas aus den Fingern, wie ich mir diese Piste in etwa vorstelle. Er scheint damit zufrieden zu sein, vielleicht sieht er aber auch nur ein, daß es aussichtslos ist, mir nachzuweisen, daß ich nicht tatsächlich diese Piste gefahren bin. "Ich werde dafür sorgen, daß Sie nirgendwo anders wieder hinfahren als zurück nach In Amenas." Spricht's und rast mit aufheulendem Motor davon. Verdammt, es wird höchste Zeit, daß wir hier abhauen! Was wird der zornige Typ gegen uns in die Wege leiten?

Wir treffen Manfred an der Bar, er ist von seinem Trip zu den Felsmalereien ziemlich erschossen. "Leute macht voran! Wir müssen hier weg, so schnell es eben geht, der Polizist macht uns womöglich noch Schwierigkeiten!" Dann springt der Bus nicht an! Es ist zum Verzweifeln. Wir hängen ihn an den Peugeot, versuchen ihn anzuschleppen. Doch auch so läuft er nur auf einem Topf, stößt schwarze Qualmwolken aus. Ich schleppe ihn aus Djanet raus, zu unserem Übernachtungsplatz der vorhergehenden Nacht. Es ist nicht daran zu denken, sich mit einem Fahrzeug, das nicht anspringt, auf die Bilma-Piste zu begeben!

Bis spät in die Nacht hinein werkeln wir an dem Bus herum. Der Luftfilter war nicht ganz dicht, jetzt sind beide Vergaser total verdreckt, auch die Innereien des Zündverteilers sehen übel aus. Ausbauen, reinigen, einbauen - der Bus springt anstandslos an. Vorsichtshalber machen wir auch noch Ölwechsel, vielleicht war der Dreck schon bis ins Kurbelgehäuse vorgedrungen!

Sollen wir jetzt in der Dunkelheit noch raus auf die Piste? Nein, Autoscheinwerfer fallen in der Dunkelheit viel zu sehr auf. Wir wollen uns morgen mit dem ersten Licht am Flugplatz vorbeimogeln.

Die anderen Interessenten für die Bilma-Route waren inzwischen wieder abgesprungen, sie konnten sich innerhalb ihrer Gruppe nicht einig werden. Sie werden über Tamanrasset fahren. Wir vereinbaren einen Treff in Agadez. Auf dem Touristen-Office hatten wir auf der genauen Karte unauffällig unsere Route studiert und vermessen: Wir würden den Mont Tiska im Osten umfahren, auf der Piste Richtung Ghat und In Ezzane, dann den Adrar Mariaou im Osten liegen lassen und auf seiner Westseite nach Süden abzweigen, genau südlich von ihm dann die Balise Nr. 1 der Berliet-Markierungen suchen.

18. MÄRZ, SONNTAG

Frühes Aufstehen, mit dem ersten Licht sind wir unterwegs. Es hat dennoch schon 18 Grad. Bange Minuten beim Passieren des Flugplatzes. Werden wir bemerkt? Die Landrover bleiben vor den Häuschen der Kontrollposten stehen, es schläft wohl noch alles. Immer wieder Blicke in den Rückspiegel -kommt einer hinterher? Erst einmal außer Sicht des Flugplatzes, ist die Angst vor dem Verfolgtwerden vorbei, jetzt haben wir nur noch Bedenken, daß uns ein Fahrzeug von Militär, Polizei oder Zoll begegnet. So fahren wir vorsichtig auf jede Erhebung zu, immer erst ausspähend, ob nicht von der anderen Seite her ein Fahrzeug entgegenkommt. Wir sind andauernd auf der Suche nach einer schnell erreichbaren Deckung. Die Situation ist nicht sehr angenehm und bis zur Grenze sind es noch gut 200 Kilometer. Wir kommen zunächst sehr gut voran, die Orientierung bereitet keine Schwierigkeiten, die Piste ist immer gut erkennbar. Das wie schon an den Vortagen extrem trübe Wetter verhindert aber die Orientierung am Gelände. Den Mont Tiska erkennen wir erst, als wir unmittelbar auf seiner Höhe neben ihm sind, ebenso bleibt uns später der Adrar Mariaou im Dunst verborgen. Zwischen Tiska und Mariaou geraten wir in ein hügeliges Gelände, die Spuren verschwinden mehr und mehr, schließlich sind wir mit unseren beiden Wagen allein auf weiter Flur. Vorsichtig tasten wir uns weiter vor. Zum Glück verfügen wir über genaue Karten und können so immer wieder unseren ungefähren Aufenthaltsort mit Hilfe von Kompaß und genauen Messungen bestimmen. Wenn nur die Sicht besser wäre! Wir verlassen unsere eigentliche Richtung, nähern uns wieder dem Gebirge, um dort eindeutige Orientierungspunkte erkennen zu können. Wir finden eine Bergspitze, die nach unserer Karte genau nördlich der gesuchten Berliet-Balise liegt. Von hier weg fahren wir, so genau es das Gelände erlaubt, nach Süden. Wir hatten die Entfernung bis zur Balise sorgfältig vermessen und stoßen jetzt nach 12 Kilometern genau auf sie! Unsere Abweichung beträgt nur 500 Meter! Wir sind sehr erleichtert, sind damit doch die Orientierungsprobleme erst mal beseitigt. Jetzt sind nur noch Probleme einfacherer Art zu bewältigen!

Die Balisen stehen in Abständen von 500 Metern, zwei Meter hohe Eisenstangen, durchgehend numeriert. Während der französischen Kolonialzeit konnte diese Strecke gefahrlos auch bei Nacht befahren werden, die Scheinwerfer konnten sich von Stange zu Stange vorantasten. Das Gelände zwischen den Stangen ist weich, der Bus hat schwer zu kämpfen. Finden wir eine harte Fläche, halten wir an, um den Motor auskühlen zu lassen. Um die Mittagszeit sind wir noch 35 km vor der Grenze, wieder ist eine Kühlpause fällig, das Thermometer zeigt 36 Grad. Das Gelände um uns her ist flach, weich, lichterfüllt, die trübe Atmosphäre verschmilzt mit dem Boden, der Horizont ist mehr zu erahnen als zu sehen. Die in regelmäßigen Abständen stehenden und rasch im Trüben verschwindenden Eisenpfähle geben dem Ganzen ein surrealistischen Anstrich.

Mit Bangen sehen wir der eigentlichen Grenze entgegen. Ob sich dort irgendein Posten befindet? Wir fahren noch vorsichtiger, immer bereit, schnell abzudrehen. Die Kilometer vergehen, jetzt müssen wir genau auf der Grenze sein, jetzt im Niger. Vielleicht haben wir uns verrechnet? Vielleicht sind die Kartenangaben ungenau? Wir fahren 50 Kilometer über unsere Grenzberechnungen hinaus - jetzt sind wir sicher, im Niger zu sein!

Claus läßt am VW-Bus Luft ab, er hofft, so besser durch die weichen weiten Sandflächen zu kommen. Er muß immer wieder in den zweiten Gang zurückschalten, sein Wagen wird viel zu heiß, wir müssen schon alle 20 km Kühlpausen einlegen. Bei einer dieser Pausen stelle ich bei mir einen fast platten Reifen fest: Radwechsel. Schon zwei Kühlpausen später habe ich wieder einen Plattfuß! Jetzt muß ich flicken. Es ist meine erste Reifenmontage auf dieser Reise und wie üblich, muß man sich erst wieder reinfinden. So dauerts länger als geplant und es wird darüber dämmrig.

Nach einer Nachtfahrt steht uns allen nicht der Sinn. So bleiben wir an Ort und Stelle, mitten in der Tenere.

19. MÄRZ, MONTAG

Die vielen Kühlpausen des Vortags haben uns dazu bewogen, noch in völliger Dunkelheit schon um 5 Uhr aufzustehen. Es hat 14 Grad, während wir frühstücken sinkt das Thermometer noch mal um ganze 2 Grad! Mit dem ersten Dämmerungslicht sind wir wieder unterwegs. Wir kommen nur unregelmäßig voran. Zwar werden wir von Pannen und Einsanden verschont, aber der Bus tut sich sehr schwer, sein Tempo hängt ganz von der Beschaffenheit des Untergrunds ab, während ich mit dem Peugeot ein gleichmäßiges Tempo halten könnte. Immerhin sind wir um 10 Uhr in Chirfa. Es ist schon wieder ganz schön heiß. In Chirfa befindet sich eine große Militärstation, hier müssen wir uns zum erstenmal im Niger anmelden.

Die Pässe werden uns abgenommen, die Fahrzeuge durchsucht.

Ich habe unterwegs, schon seit Tunesien, immer wieder den einen oder anderen Stein aufgelesen, ein Freund in EI Oued hat mir ein paar kleine Sandrosen geschenkt! Diese Steine habe ich achtlos ins Handschuhfach gelegt, jetzt sollten wir deswegen Schwierigkeiten bekommen. Der Niger ist ängstlich darauf bedacht, sich von Touristen nicht seine prähistorischen Fundstellen plündern zu lassen, deshalb haben die Kontrollorgane offensichtlich Anweisung, darauf zu achten, ob solche Fundstücke mitgeführt werden. "Es ist verboten, hier im Niger prähistorische Dinge an sich zu nehmen, sie sind Eigentum des Staates." "Aber das sind doch ganz normale Steine, nicht ein Artefakt ist dabei!" "Aber es ist auch verboten, ohne Genehmigung den nigerischen Boden seiner natürlichen Vorkommnisse zu berauben." "Alles was Sie hier sehen, stammt nicht aus dem Niger, mit Ausnahme dieser beiden Kieselsteine - die habe ich dort draußen in der Tenere aufgelesen. Die Sandrose hier, die kommt aus Tunesien!" "Das glaube ich Ihnen nicht! Wie wollen Sie beweisen, daß die Dinge nicht aus dem nigerischen Boden geplündert wurden?" "Sandrosen dieser Art gibt es im Niger nicht, sie sind typisch für das algerisch-tunesische Grenzgebiet." "Ich werde jedenfalls Meldung nach Dirkou machen, dort ist die vorgesetzte Dienststelle." "Können wir in der Zwischenzeit einen Ausflug nach Djado unternehmen?" "Wir behalten die Pässe ein, Sie können gehen, wohin Sie wollen, aber kommen Sie hierher zurück, es gibt sonst Schwierigkeiten."

Djado! Welcher Sahara-Fan träumt nicht davon, diese abgelegene Ruinenstadt inmitten ihres selbstgeschaffenen Sees zu besuchen! Jetzt liegt ihr Besuch unmittelbar vor uns. Das Militär besteht darauf, uns bewaffneten Begleitschutz zu geben. "In den Ruinen sind immer wieder mal Rebellen." Aber die bewaffneten Schwarzen aus dem Süden des Landes kennen sich nicht aus, also muß auch noch ein Führer mit. Das ist ein gelenkiger älterer Mann, der sich als "Bürgermeister" des Ortes Djado zu erkennen gibt. Er sei Tubbu, also Angehöriger jener ehemals räuberischen Sahara-Nomaden, die heute noch im südlichen Tibesti-Gebirge zu Hause sind.

Zu siebt geht es also nach Djado! Nach all dem, was wir über die Anfahrtsstrecke dorthin gehört hatten, sind wir überrascht, wie problemlos wir sie mit unsren Nichtallrad-Fahrzeugen und der Zusatzlast unserer Begleiter bewältigen können. Dann ein letzter, die Sicht versperrender Felsen und die Ruinenstadt Djado liegt vor uns. Mont St-Michel des Tenere wurde Djado schon genannt. Wie ein Vulkankegel ragt der vollkommen überbaute Burgberg aus den ihn ringförmig umschließenden Seen. Wir überqueren die Wasserfläche auf einem schmalen Damm, dringen durch Palmdickichte zu der Ruinenstadt vor. Eine große Schlange sonnt sich am Rand eines brackigen Tümpels, sie läßt sich durch uns nicht stören. "Hier tut ihr keiner was zuleide", erläutert unser Bürgermeister-Führer das zutrauliche Verhalten des Tieres. Weniger friedfertig sind die Stechfliegen. Ganze Schwärme dieser blutrünstigen Insekten entsteigen den Palmdickichten und den Schilfwänden um die Wasserflächen, wir flüchten so schnell wie möglich in die Ruinen. Enge Gassen umfangen uns, tief, oft überbaut. Ich fühle mich lebhaft in marokkanische Kasbahs versetzt. Auch hier diese nur mannbreiten Gassen, diese Enge, Winkel, Treppen, Tunnels, Zimmer und Nischen in einer unglaublichen Schachtelbauweise. Wir steigen so hoch wir können, von Haus zu Haus, die Stufen sind oft von einer kaum noch bezwingbaren Höhe. Ein herrlicher Ausblick entlohnt uns für die Mühe der Kletterei in der herrschenden Hitze: Über die Seen hinweg hinaus in die weißen gleißenden Flächen der Tenere-Wüste, im Norden die Bergkulisse des Djado-Plateaus. Dort finden sich viele Felsgravuren, über die trotz ihres wahrscheinlich weit höheren Alters mehr bekannt ist als über Herkunft und Schicksal der Djado-Ruinenstadt. Schnell sind wir zurück in Chirfa, unsere bewaffneten Begleiter sind ganz offensichtlich erleichtert, daß der "Abenteuer-Ausflug" friedlich verlaufen ist.

Eine Wandlung hat sich auch in der Haltung unseres Steine-Kontrolleurs vollzogen. Er ist plötzlich ganz freundlich und gibt uns Auskunft über den weiteren Weg. Er hat tatsächlich unsere Steinesammlung per Funk in Dirkou gemeldet. Dort müssen wir sie erneut präsentieren und da es sich dort um die vorgesetzte Dienststelle handelt, werden sie dann schon wissen was zu tun ist. Er jedenfalls hat seine Pflicht erfüllt und das ist ihm eine sichtliche Erleichterung. "Gestern sind zwei Militär-Lkw von uns nach Dirkou gefahren, halten Sie sich nur immer an die frischen Spuren von ihnen, so können Sie nicht fehlgehen!"

Das Gelände wird sehr schwer. Der Sand ist weich und von dickem Staub unterlagert. Die Spuren der beiden Lkw haben sich tief eingedrückt und sind ohne Schwierigkeiten zu verfolgen. Plötzlich kommen von rechts zwei neue, gleiche Spuren dazu, jetzt sind es also vier Fahrzeugspuren. Uns ist's vorläufig recht, noch ist der Groschen nicht gefallen. Wir queren ein sehr schweres steiniges Plateau, wir müssen Wegebau betreiben, da die Bodenfreiheit unserer Fahrzeuge nicht ausreicht. Ein weiter, sehr weicher Sandkessel liegt vor uns, die vier Spuren führen geradeaus hinein - und enden dort! "Mensch, wir sind doch Rindviecher! Die vier Spuren - das sind unsere zwei Militär-Laster! Einmal hin und einmal zurück macht vier! Daß uns das erst jetzt aufgeht!" Ganz offensichtlich hatten sich die Soldaten verfahren, hatten in dem sandigen Kessel ihren Fehler eindeutig erkannt und waren zurückgefahren. Dasselbe blüht jetzt auch uns, zurück wieder über das Steinplateau, das nur den Vorteil hat, daß der Untergrund so hart ist, daß man ohne Probleme wieder anfahren kann. Sonst ist hier alles so mulmig, daß Anhalten ohne Einsanden kaum möglich ist. Wir nutzen den festen Untergrund zu einer Erholungspause, spannen ein Sonnensegel zwischen die Fahrzeuge und trinken in diesem herrlichen Schatten kalten Kaffee.

Dann folgen wir wieder den vier Spuren und unseren eigenen vom Herweg, bis sie sich trennen und zwei nach Süden abbiegen, die korrigierte Fassung einer Pistensuche! Tatsächlich finden sich dann auch wieder alte Spuren und uns wird schnell klar, warum die beiden Militär-Lkw den vergeblichen Umfahrungsversuch unternommen haben: Da ist ein weites, extrem weiches Fesch-Fesch-Feld, obenauf heller Sand, darunter bodenloser schwarzer Staub. Claus sandet mehrfach ein, ich drehe verzweifelt Kreise auf der Suche nach einem festen Platz, auf dem ich anhalten könnte. Vergeblich. Ich kurve hin und her und bin nur noch darauf bedacht, die auf diese Weise zusätzlich gefahrenen Kilometer unter Kontrolle zu halten, damit später nicht die ganze Navigation in Gefahr kommt. Nach dem Col de Sara wird es wieder besser. Die Orientierung ist allerdings nach wie vor erschwert, da keinerlei Wegmarkierungen mehr vorhanden sind und die Spuren meist nicht gebündelt, sondern ziemlich wirr verlaufen. Immer wieder müssen wir den Kompaß bemühen, irgendwann entschließen wir uns, nur noch nach Karte und Kompaß zu fahren und die kreuz und quer laufenden Spuren gänzlich zu ignorieren. Wir warten auf das Auftauchen einer wichtigen Landmarke, des Pic Zumri bei Seguedine. Er muß im Osten von uns liegen, so halten wir ziemlich exakt Ostkurs. Die Luft ist immer noch extrem trübe, wir stellen uns darauf ein, den Pic Zumri so wie gestern den Mont Tiska erst im letzten Augenblick zu erkennen. Beruhigend bei dieser ziemlich orientierungslosen Fahrerei ist, daß wir auf keinen Fall zu weit nach Osteh geraten können, dort versperrt uns nämlich die Falaise des Kaouar den Weg. Spätestens dort haben wir wieder einen ganz wichtigen Geländeorientierungspunkt erreicht. Die Fahrt zieht sich hin. Der Bus wird immer noch zu heiß, kein Wunder, bei 38 Grad und weichem Sand! Bei einer der deswegen immer wieder eingeschobenen Abkühlpausen stellt sich Claus mit seinem Bus genau neben mich, auf die Nordseite. Ich schaue zu ihm hinüber - und glaube meinen Augen nicht zu trauen: "Mensch, Claus, dreh dich mal um - was ist denn das dort im Norden? Ich freß drei Besen wenn das nicht der verfluchte Zumri, ist!" Im Norden, exakt im Norden von uns taucht schemenhaft wie ein Schatten ein dunkler dreieckiger Fleck am Horizont auf, der Gipfel des Zumri? Wir steigen mit dem Fernglas aufs Fahrzeugdach, aber bei der diesigen Wetterlage ist das Fernglas auch keine große Hilfe. Unsere genauen Karten vermerken keinen vergleichbaren Berg in dieser Gegend. Das kann nur der Pic Zumri sein! Wir schauen uns im Osten die Augen aus nach ihm und fahren dabei fast zu weit im Süden an ihm vorbei!"Wir fahren jetzt so weit exakt nach Norden auf diesen Berg zu, bis wir sicher sind, ob es der Zumri ist oder nicht!" "Werden wir wieder hierher zurückfinden? Wenn das nicht der Zumri ist, wäre es schon wichtig, wieder genau hierher zu kommen." "Wenn wir weiter genau Richtung Osten fahren, kann ohnehin nichts schiefgehen." Vorsichtshalber markieren wir jetzt aber doch die Stelle unseres "Wendepunktes", indem wir mit den Schaufeln große Sandkegel anhäufeln. Ein, zwei härtere verbackene Stücke obenaufgelegt - daß müßte halten, bis wir uns Klarheit über den Berg im Norden verschafft haben! Auf geht's, nach Norden. Immer wieder nehmen uns Senken und flache Hügel den Blick auf "unseren" Pic Zumri. Wenn wir ausgerechnet in so einer Senke auf der Höhe des Geisterschattens gewesen wären? Wir kommen näher und näher - es ist der Zumri! Eindeutig! Wir sind 14 Kilometer zu weit nach Süden abgekommen! Wir können uns diese starke Abweichung nur damit erklären, daß wir uns immer wieder von deutlichen Spuren haben ablenken lassen - die ziemlich direkt nach Süden abgebogen sind, auf dem Weg von Chirfa nach Dirkou das Eck nach Seguedine abschneidend.

Jetzt düsen wir erst einmal die Hänge des Zumri hinauf, befreit, weil wir wieder eindeutig wissen, wo wir sind. Claus umfährt den Felskegel im Osten, ich brause über die weiten Hänge im Westen. Mit letztem Licht fahren wir auf Seguedine zu. Dort wird gerade die Fahne vor dem Schulgebäude eingeholt, alle Schüler stehen stramm und verdrehen noch nicht einmal die Augen nach uns hin. Doch dann ist die Zeremonie beendet und alles stürmt auf uns zu. Nur langsam werden wir Herr der Lage. Die medizinische Versorgung in diesem abgelegenen Teil des Niger ist nicht die allerbeste und Touristen haben in der Regel gut gefüllte Apotheken bei sich, so haben wir rasch eine ganze Fülle von kleineren Krankheiten zu versorgen. Zum Glück ist der Lehrer des Ortes dabei, er wird so eine Art von Überwachung durchführen, damit die von uns überlassenen Medikamente auch wirklich entsprechend angewendet werden.

Es ist schon dunkel, als wir den Ort Richtung Süden verlassen. Wir fahren noch die Hänge des Pic Zumri hoch, bis an die Felsen. Dort finden wir schöne festgewehte Sandflächen, ideale Übernachtungsplätze. Wir sitzen noch lange zusammen, verdauen noch einmal im Gespräch diesen doch so wichtigen Tag. Als wir um 23 Uhr ins Bett sinken, hat es immer noch 21 Grad.

20. MÄRZ, DIENSTAG

Der lange Abend fordert seinen Tribut: Wir kommen zu spät weg. Zunächst geht es gut voran, dann kommt aber ein heftiger heißer Wind auf, der auch noch größere Sandkörner mit Vehemenz gegen den Wagen prasseln läßt. Der Wind kommt von seitlich hinten. Hatte gestern Claus bei Gegenwind laufend thermische Probleme mit seinem Wagen, macht heute der Rückenwind meinem Fahrzeug zu schaffen. Jetzt bin ich der "Hitzebremser2, dem Wagen fehlt der Fahrtwind. So sind wir erst um 10 Uhr in Dirkou. Der Ort hat sich verändert. Ganz offensichtlich wird er zu militärischen Zwecken ausgebaut, überall entstanden seit meinem letzten Besuch Gebäude, Blechhallen. Im Zollhof stehen einige Lkw, die mit Menschen und Waren aus Libyen kommen. Die Zöllner sind vollauf mit der Abfertigung dieser "Wüstenpendler" beschäftigt. Wir müssen lange warten, bis wir unsere Pässe abgeben können. Kurz nach Mittag erlaubt man uns, ohne Ausweispapiere nach Bilma zu fahren.

Der Wind hat an Heftigkeit zugenommen, die Sicht ist sehr schlecht. Obwohl die Temperaturen des Vortags nicht erreicht werden, ist die Hitze heute viel anstrengender als gestern. Wir sind angespannt, nervös bei dieser Fahrt. Dabei läuft alles ganz problemlos, schon wenig später treffen wir in Bilma ein. Der Ort ist wie ausgestorben, die schönen großen Tamarisken und Akazien, die die Hauptstraße säumen, biegen sich im heftigen Wind, an den Hausecken bilden sich ganze Strudel aus leichtem Dreck, den der Staubwind zusammenbläst. Die Läden haben geschlossen, der Bäcker ist ohne Brot. So verlassen wir den Ort rasch wieder, hinaus zu den Salinen.

Hier ist die Situation kaum anders. Alles ist tot, liegt wie abgestorben da. Nur eine einzige kleine Karawane ist hier, um Salz gegen Hirse und andere hier fehlende Dinge einzuhandeln. Trotz der widrigen Umstände starten wir zu einem kleinen Rundgang durch das Salinengebiet. Bilma-Salz! Welch mühsamen, qualvollen Weg für Mensch und Tier hat hier jedes Salzkristall noch vor sich, bis es auf den Märkten in der Sahelzone verkauft wird! Über 600 Kilometer zu Fuß sind es allein von hier bis nach Agadez, der ersten Etappe vor dem Erreichen der Sahelzone, quer durch die Tenere-Wüste!

Auf dem Rückweg nach Dirkou geraten wir auf eine Nebenpiste. Jetzt beginnt eine verrückte Fahrt! Der Sand ist so weich, daß ein Anhalten für uns nicht möglich ist, uns bleibt nur die Flucht nach vorn! Die Spuren führen uns zunächst in die Oasengärten, wir kurven wild um Hecken, Palmwedelzäune, und Bäume herum. Am Rand der Gärten haben sich Dünen angesammelt, riesige, massige Leiber. Hinauf! Oben bleiben nur Sekundenbruchteile zur Orientierung, hinab wieder wie ein Greifvogel auf seine Beute, immer darauf achtend, den Wagen nicht quer in die Fallrichtung zu stellen. Besonders für Claus mit seinem schweren und hohen Dachgepäckträger birgt das nur zu leicht die Gefahr eines Überschlags. Irgendwann finden wir aber wieder heraus, aus diesem bewachsenen Dünenchaos. Am frühen Abend sind wir wieder zurück in Dirkou.

Jetzt beschäftigt sich erst einmal die Polizei mit uns. Da ist die Funkmeldung aus Chirfa! Die Steine! Wieder zeigen wir unser Sammelsurium vor, der zuständige Sergeant ist sehr vernünftig, erkennt die Harmlosigkeit unserer Fundstücke. Das ist ja noch mal gutgegangen!

Wir brauchen Benzin. Und das verkauft in Dirkou normalerweise ein Libyer namens Jerome. Und der ist - wie könnte es anders sein - derzeit nicht verfügbar. Aber das Militär scheint in irgendeiner Weise mit Jerome zusammenzuarbeiten, jedenfalls bekommen wir jetzt unser Benzin aus den Fässern von Jerome vom Militär, mit 1,50 DM noch nicht einmal übermäßig teuer! Die Tankerei zieht sich hin, da die Militärs darauf bestehen, die Mengenmessung mit einem ihrer 20-Liter-Blechkanister vorzunehmen. So muß immer erst ihr Kanister per Schlauch gefüllt werden, aus diesem dann die unsrigen. Darüber wird's dunkel. Man verpflichtet uns, im Zollhof zu übernachten.

21. MÄRZ, MITTWOCH

Um 6 Uhr sind wir schon auf, versuchen durch unsere einfache Anwesenheit das Paß-Verfahren zu beschleunigen. Es hat unangenehm viele Fliegen und von Minute zu Minute wird es wärmer. Wieder wird der Versuch unternommen, uns einen teuren Führer für die Strecke nach Agadez aufzudrängen; wie früher schon können wir den Versuch erfolgreich abwehren, indem wir eine Erklärung unterschreiben, daß wir ganz allein für uns verantwortlich sind. Wir fassen noch Wasser und kommen gegen 8 Uhr los. Es weht wieder ein starker Rückenwind, so haben wir jetzt beide Probleme mit heißen Motoren. Oft müssen wir in Abständen von nur 10 Kilometern Hitzepausen einlegen.

An der Z-Düne, 50 Kilometer hinter Dirkou, erwischen wir eine ungünstige Stelle, aus Tempo 70 heraus bleiben wir beide auf einer Strecke von 5, 6 Metern hängen. Aber wie! Bis zum Bauch stehen beide Wagen im fließenden Sand. Eine üble Schufterei beginnt, ein Glück, daß wir gute Drahtnetze dabei haben. So können wir doch auf 10 Metern ordentlich Schwung holen. Während wir noch mit der Sandschipperei beschäftigt sind, kommt wieder ein heftiger Wind auf, hüllt uns in wahre Sandschwaden. Die Sicht nimmt rapide ab. Bei jedem Wort bläst es einem ganze Wagenladungen Sand in den Mund. Endlich haben wir die Wagen freigekämpft. Wir versuchen, uns etwas nördlich der Dünenkette zu halten, um so den weichen Dünenausläufern zu entgehen. Dabei verlieren wir bei der ohnehin stark eingeschränkten Sicht die Balisen aus den Augen. Jetzt wird die Situation brenzlig! Sollen wir stehenbleiben, bis die Sicht wieder besser wird? "Wir gehen auf Nummer sicher!" Jeden Meter mit dem Kompaß festlegen, aufschreiben, deutliche Spuren hinterlassen. So kann nichts schiefgehen. Wir wissen ja auch, daß wir die Piste bei den Balisen nach Norden hin verlassen haben, also suchen wir jetzt exakt nach Süden. Das Problem ist nur, daß die Stangenmarkierungen hier sehr weiträumig stehen, viele sind umgefallen, vom Sand zugeweht. Wir dürfen auf keinen Fall über die Spuren hinaus nach Süden geraten.

Wir richten beide Fahrzeuge im seitlichen Abstand von ungefähr 500 Metern genau nach Süden aus. Dann geht es los, immer auf Sichtweite. Wird dieser Sichtkontakt wegen zu heftigem Sandtreiben unterbrochen, bleiben wir sofort stehen. Nach jeweils zwei Kilometern wird erstens die Richtung überprüft, zweitens gegenseitig das o. k.-Zeichen ausgetauscht. Ich binde an meinen Wagen ein Sandblech an, das beim Fahren durch seine heftigen Schleuderbewegungen tiefe Spuren im Sand hinterläßt. Im Zweifelsfalle werden wir es so leichter haben, auf unseren eigenen Spuren zurückzufinden. Aber so weit kommt es nicht: Schon wenig später haben wir die Markierungen wieder gefunden. Natürlich halten wir uns von jetzt an immer dichter an ihnen, der Zeitverlust bei solchen Suchaktionen ist einfach viel zu groß!

Die Hitze nimmt zu, der trübe Sandsturm läßt nicht nach. Wir mogeln uns wieder von Kühlpause zu Kühlpause nach Westen. Kilometer um Kilometer. Am frühen Nachmittag sind wir am Brunnen der Falaise von Achegour. Der Brunnen ist ausgemauert, glasklar und wohl drei oder vier Meter tief steht das Wasser unter uns, eimerweise ziehen wir es hoch und kippen das so kostbare Naß literweise über uns. Die Wirkung ist phantastisch - klatschnasse Kleider, stömendes Naß - doch rasch reißt der trockene Wind den letzten Hauch von Feuchtigkeit aus den Poren, das Hitzeempfinden wird desto größer. Es hat 41 Grad!

Die Markouba! Ein unangenehmeres Vorwärtskommen als in der Markouba ist kaum denkbar. Im Bereich spärlicher Regenzeitniederschläge konnten Grasbüschel wachsen. Um diese Grasbüschel herum hat der Wind Sand angeweht, so daß jedes Grasbüschel einen kleinen harten Höcker bildet. Die Flächen zwischen den Grasbüscheln sind staubig-mulmig, da hier der Wind - abgehalten vom Gras - weniger Angriffsmöglichkeiten hat, das feine Material deshalb nicht ausgeblasen wird. Die Grashügel verhindern ein zügiges Fahren, das der weichen Flächen wegen nötig wäre. So sandet der Bus immer wieder ein. Zu allem Überfluß bildet die Sudanklette, das Cram-Cram, einen Teil des Bewuchses. Beim Aussanden haften die Kletten überall an, ihre Widerhaken durchbohren die Haut und brechen beim Abstreifen der Kletten ab.

Gegen Nachmittag läßt der Rückenwind nach, die Temperaturen gehen merklich zurück. Wir kommen wieder besser voran, bis mich erneut ein Plattfuß ereilt - der soundsovielte dieser Reise. Da auch das Reserverad schon platt ist bleibt nur flicken übrig. Darüber wird es wieder einmal dunkel. Wir bleiben an Ort und Stelle, mitten im flachen Sand, mitten auf der "Piste" (sofern man die spärlichen Spuren als Piste bezeichnen will.) Der Abend vergeht nach den Reifenreparaturen mit Wartungsarbeiten am Wagen.

22. MÄRZ, DONNERSTAG

Wir stehen sehr früh auf und sind unterwegs, sobald es das Licht zuläßt. Am frühen Vormittag erreichen wir den berühmten Arbre du Tenere, den Tenere-Baum. Es ist zwar schon recht heiß, dennoch lassen wir es uns nicht nehmen, dem kleinen Nachfolgebäumchen des berühmten Baumes mit Eimer und Seil aus etwa 50 Metern Tiefe Wasser hochzuziehen. "Schau doch mal, dort draußen - da bewegt sich was!" Ein dunkler Fleck ist zu sehen, der in der flirrenden Hitze über dem Horizont hin- und herschwimmt, mal größer mal kleiner wird. "Kommt ein Auto?" "Kann ich mir nicht vorstellen, dann müßten wir Geräusche hören, der Wind weht auf uns zu. "Aber der Fleck kommt näher. Ein Kamel! Immer wieder erlauben die Spiegelungen einen direkten Blick, die langen Beine, der vergleichsweise klobige Körper. Wenig später ist das Tier am Brunnen. Es macht einen schlechten Eindruck. "Das Vieh ist wohl am verdursten! " " Wo kommt es her? Hunderte von Kilometern im Umkreis nichts als Sand - woher kommt das Kamel?" Wieder ziehen wir Wasser hoch, Eimer um Eimer wechseln wir uns gegenseitig ab. Das Kamel säuft gierig, schlappt auch noch den letzten Rest aus dem Eimer, indem es ihn zum Schluß ganz gekonnt kippt. Drei Eimer für jeden von uns vieren, á 10 Liter, das sind 120 Liter, die das Vieh in sich reinsäuft. Es macht zwar den Eindruck, als könnte es noch mehr vertragen, aber wir sind jetzt erst mal geschafft. 2Einen Eimer holen wir noch hoch, dann muß das Vieh mit den 130 Litern im Bauch auf die nächsten Vorüberkommenden warten!" Die Tränkaktion hat uns Zeit und Schweiß gekostet, es hat schon wieder fast 40 Grad, der Staubwind hat wieder eingesetzt, das Licht, von der Luft aus allen Seiten reflektiert, ist fast unerträglich.

Wenige Kilometer nach dem Arbre kommt uns eine Karawane entgegen, 15 Kamele nur, drei Männer. Mit Ziegen! Das ist kaum faßbar! Zu Fuß durch die Tenere, sechshundert Kilometer immer geradeaus, das ist Strapaze genug, aber Ziegen vor sich hertreibend! Kamele - die laufen eines hinter dem anderen schnurstracks voran. Aber die Ziegen! Der Mann ist ununterbrochen damit beschäftigt, links und rechts die ausweichenden, stehenbleibenden, meckernden Ziegen weiterzutreiben! Der legt doch den Weg von Agadez nach Bilma fünfmal oder öfter zurück. Die Tuareg freuen sich, als wir ihnen vom Kamel am Brunnen erzählen, uns fällt ein Stein vom Herzen, wissen wir jetzt doch, daß irgendeiner sich bald schon wieder um das Tier kümmern wird.

Die Air-Berge tauchen auf! Jetzt wird die Piste schlechter, bergauf, bergab, Steine, Wadis, in denen der Bus ab und zu im Sand hängen bleibt. Die Hitze nimmt eher noch zu, 42 Grad zeigt das Thermometer bei einer Mittagspause im spärlichen Schatten einer kümmerlichen Dornakazie. Der Wind ist nach wie vor ungestüm, ein einziges überhitztes fauchendes Riesengebläse.

Der Bewuchs wird dichter, die Landschaft nimmt mehr und mehr Sahel-Charakter an. Wir passieren zwei, drei kleine Ansiedlungen, die seit der Dürrekatastrophe in den frühen siebziger Jahren unbewohnt sind. Abgestorbene Bäume, meistens Dornakazien, veranlassen uns dazu, einen Brennholzvorrat mitzunehmen. So können wir uns am Abend einen vegetationsfreien und damit weitgehend dorn- und klettenfreien Sandplatz suchen und müssen dennoch nicht auf ein Feuer zum Teekochen verzichten. Die Hitzespannung läßt kaum nach. Als wir gegen 23 Uhr ins Bett gehen, steht das Thermometer noch immer auf 28 Grad.

23. MÄRZ, FREITAG

Beim Aufstehen um 5 Uhr - es ist noch völlig dunkel - hat es immer noch 24 Grad. Mit dem ersten Licht kurz nach sechs Uhr sind wir unterwegs. Die Piste ist jetzt teilweise tief ausgefahren, immer wieder müssen wir durch Staubfelder, die häufig von großblättrigen Wolfsmilchbüschen bewachsen sind. Der Staubsturm wird von Minute zu Minute heftiger, die Sichtweite sinkt in Böen unter fünf Meter, immer wieder müssen wir anhalten, um bessere Sichtverhältnisse abzuwarten. Wir sind nicht mehr weit vor Agadez.

Wieder eines dieser grauweißen Staubfelder, Sicht gleich Null. Ich halte an, als ich einen Busch überfahre, den ich erst im letzten Augenblick gesehen habe. Wo ist der VW-Bus? Wo sind Claus und die anderen? Sind sie noch hinter mir oder haben sie mich schon überholt? In einer Windpause fahre ich ein Stück zurück - nichts zu sehen. Ich entschließe mich, bis Agadez weiterzufahren, dort werden wir uns auf jeden Fall treffen. Aber wo ist die Piste? Beim Hin- und Herfahren habe ich die Piste verloren. Was jetzt? Der Sturm kommt ungefähr aus SO, wenn ich also immer den gleichen Winkel zu ihm einhalte, kann ich ohne Schwierigkeiten ungefähr Westkurs halten und muß so irgendwann auf Agadez stoßen. Vorbeifahren kann ich nicht -schließlich liegt Agadez an großen Pisten mit Nord-Süd-Verlauf. Langsam taste ich mich nach Westen vor - nur kein Risiko eingehen, ich bin allein, irgendwo abseits der Piste. Ich weiß nicht einmal, wie weit ich mich von ihr entfernt habe und in welcher Himmelsrichtung! Das Gelände ist nicht schwierig, das unangenehmste sind die vielen Dornbüsche. Immer wieder gerate ich in Sackgassen, muß mühsam wenden. Ich habe Angst vor Reifenpanne, obwohl dies ja ein behebbares Übel wäre. Wenn nur der verdammte Sturm nicht wäre, wenn man ab und zu einen Überblick bekäme. Aber so - ich bin schon froh, wenn die Sichtweite 20, 30 Meter beträgt. Ich stoße auf quer verlaufende Spuren. Eine richtige Piste ist das nicht. Soll ich den Spuren folgen? Vielleicht fuhren hier nur Holzsammler! Ich fahre weiter Westrichtung! Nach genau 27 Kilometern kommt eine große Überlandpiste, hartes Wellblech. Die Piste kenne ich! Ich bin nur wenige Kilometer im Norden von Agadez! Es ist seltsam - trotz Sturm steige ich aus dem Wagen, streiche mit den Händen über das Wellblech, nur um auch den Händen das Gefühl zu vermitteln, daß ich wieder genau weiß, wo ich bin. Die Erleichterung ist groß. Claus und die anderen sind rasch gefunden. Sie sind auf der Piste nach Agadez gelangt und warten an der Kontrollstelle am Ortseingang. Wir flüchten vor Hitze und Staub ins Hotel "Air", wo wir uns bei gutem Essen und Bier (!) erst einmal von unserer Staubsturmfahrt erholen. Am Nachmittag geben wir wie üblich die Pässe auf der Polizei ab. Wir werden aufgefordert, sie anderntags um 10 Uhr wieder abzuholen.

24. MÄRZ, SAMSTAG

Schon wieder Wind! Am frühen Morgen schon ist alles trübe. Die Luftfilter der Wagen sind nach der gestrigen Staubsturmfahrt total zu. Das bedeutet Dreckarbeit. Um 10 Uhr sind wir pünktlich auf der Polizei. Aber es gibt Schwierigkeiten. Wir sollen um 12 Uhr wiederkommen, dann sei der für uns zuständige Mann da. Wir rätseln herum, was mit unseren Pässen wohl nicht in Ordnung sein könnte. Um 12 Uhr erfahren wir Näheres: Man wirft uns die illegale Ausreise aus Algerien vor! Dabei sind wir in den Staat Niger ganz offiziell in Dirkou eingereist, mit Stempeln von Polizei und Zoll, mit allem drum und dran. Ein stundenlanges Hin und Her beginnt, man verdächtigt uns der Spionage, durchsucht mehrfach die Wagen. Die Uniformierten warten auf einen Polizeioffizier, der allein darüber entscheiden kann, wie mit uns verfahren werden soll. Wir sollen anderntags wiederkommen, die Pässe werden einbehalten.

Wir übernachten auf dem Campingplatz, sind niedergeschlagen und deprimiert und wollen nicht einsehen, warum sich die Nigerer den Kopf über unsere etwas leichtfertige Ausreise aus Algerien zerbrechen. Das anhaltend schlechte Wetter und die hohen Temperaturen tun ein übriges.

25. MÄRZ, SONNTAG

Der Tag vergeht mit unerfreulichen Verhören und Diskussionen. Das Touristen-Office, Veranstalter von Abenteuer-Reisen mit Allrad-Fahrzeugen in die Tenere-Wüste, schickt einen Repräsentanten, der uns anklagt, mit unserer Fahrt durch diese Wüste mit ganz normalen Pkw die "Abenteuer-Ambiance" dieser schwierigsten aller Wüsten geschädigt zu haben, ihnen mithin das Geschäft zu verderben! Das sind Probleme, mit denen wir uns herumzuschlagen haben! Und immer wieder sind die Leute nicht greifbar, die eigentlich für uns zuständig sind. Wir sollen morgen dem Präfekten vorgeführt werden.

Erneut deprimierte Unterhaltungen am Abend auf dem Campingplatz. Die Kamerunreise ist gestorben! Bereits zwei Tage in Agadez verloren, verloren im wahrsten Sinne des Wortes. Den ganzen Tag über in irgendwelchen Amtsstuben!

26. MÄRZ, MONTAG

Nach langen Vormittagsstunden bei der Polizei, von der wir ja inzwischen wissen, daß sie letztendlich nicht über uns zu entscheiden hat, werden wir in einem Polizeiwagen zum Justiz-Palast gefahren.

Erneutes Warten. Der Vormittag vergeht ohne greifbare Ergebnisse. Über die Mittagssiesta dürfen wir wieder zurück ins Hotel. Anschließend erneut kurz in den Justiz-Palast, dann aber schnell auf die Präfektur. Endlich werden wir dem Präfekten vorgeführt. Sein "Büro" ist beeindruckend: Eine mehrere Stockwerke hohe Halle mit Säulen, im traditionellen Stil gebaut, eine Schußwaffensammlung an der Wand, in einer beleuchteten Vitrine eine sehr umfangreiche Tuareg-Schmucksammlung. Der uns überstellende Kommissar klärt den Präfekten über unser Verhalten auf. Dann beginnt die Diskussion noch einmal von vorne. Natürlich haben wir uns auf der Karte eine Piste ausgesucht, die nicht als verboten gekennzeichnet ist, bei der auch keine offiziellen Kontrollstellen existieren. Aber natürlich weiß der Präfekt genau, daß das nur eine Ausrede ist. Ein Anruf kommt - der Staatspräsident! Beide unterhalten sich angeregt, leider verstehen wir ihre Sprache nicht. Der Präfekt bringt die Rede auch auf uns - wir sind gespannt, was dabei herauskommt. Mit ernsten Augen schaut der Beamte zu uns herüber, beendet das Gespräch. "Es ist klar, wer illegal - unsere Proteste prallen nutzlos ab - ein Land verläßt, kann das Nachbarland nicht legal betreten. Wir werden Sie mit einem Militär-Lkw nach Assamaka bringen, dort können Sie die offizielle Einreise vollziehen. Wie Sie dann wieder hierher kommen, ist Ihr Problem." Assamaka! Das sind 450 Kilometer von hier! Wir werden eine Woche und mehr an Zeit dazu brauchen! Zeit, die wir nicht haben! Claus vor allem setzt sich jetzt für eine Abänderung der "Bestrafung" ein und hat Erfolg! Erneute Entscheidung: "Sie haben Zeit, Agadez bis heute abend 18 Uhr zu verlassen." Mensch, besser könnte es ja gar nicht kommen, uns ist doch im Augenblick nichts wichtiger, als hier wegzukommen! Wieder werden wir der Polizei überstellt, die uns die Pässe aushändigen soll. Aber mein Paß fehlt! Den hat irgendeiner der Inspektoren, die sich mit uns befaßt haben, mit nach Hause genommen, und wie so oft, ist er jetzt natürlich nicht auffindbar. Claus, Uli und Manfred fahren los, nur weg von Agadez. Ich selbst übernachte gezwungenermaßen noch einmal auf dem Camping-Platz.

27. MÄRZ, DIENSTAG

Um 7 Uhr bin ich bei der Polizei, um 8 Uhr ist alles vergessen. Ich bin ein freier Mann mit Paß! Raus auf die Piste nach Süden. Schon wieder weht ein starker Sandwind, es ist kaum zu glauben, wieviel Wind wir auf dieser Reise bisher hatten! Um 9.30 Uhr bin ich an dem Platz, wo die anderen übernachtet haben, ich finde das vereinbarte Zeichen. Bereits eine halbe Stunde später treffe ich sie, am Straßenrand stehend. Der Bus läuft nicht mehr! Wir suchen lange, bis wir den Fehler finden: Kein Kontaktabstand! Dabei hatten wir zuvor die Kontakte schon mehrmals überprüft, aber einfach den Fehler nicht gesehen. Es ist 14 Uhr und 40 Grad heiß, als wir weiterkommen. Schon wenig später ist Claus erneut nicht mehr hinter mir! Ich fahre zurück. Wieder ein Zündungsdefekt, der Motor klingelt heftig. Auf Gefühl verstelle ich die Zündung, bis der Bus wieder normal läuft. Dann ist klar, daß wir uns trennen müssen: Ich will so schnell wie möglich nach Niamey, die Reise beenden, die doch nicht mehr dahin führen wird, wohin ich ursprünglich wollte. Und die anderen sind zu dritt, haben Afrika-Erfahrung und können sich helfen! Der Abschied fällt nicht leicht: Eine Reise mit vielen Schwierigkeiten - das verbindet.

Zügig gehts bis Zinder. Oft muß ich mich zügeln, nicht wieder in alte Rallye-Fahrweisen zurückzufallen, der Wagen soll mich ja heil nach Niamey bringen! In Zinder ist es schon dunkel, ich genehmige mir zwei kleine und herrlich kühle Bierchen im Hotel. Jetzt habe ich nur noch Asphalt vor mir - kein Problem! Die Luft ist hier schon deutlich feuchter als in Agadez, das Lenkrad klebt. Ich komme gut voran, wach bin ich auch noch, die erste Polizei-Kontroll-Station ist schon bewältigt. An der zweiten jedoch tut einer Dienst, der mir den letzten Nerv raubt, ein Umstandskrämer und noch dazu ein Kalligraph! Ich gebe hier die deutsche Umschreibung dessen wieder, was er auf französisch in sein großes Buch gemalt hat: "Heute, an diesem Tag, den Gott gegeben hat, dem 27. März, habe ich auf meinem Posten einen Touristen gesehen. Er nennt sich Soundso, ist am Soundsovielten in Dingsda als Sohn des Soundso (Vater) und der Soundso (Mutter) als zweites Kind geboren. Seine Großeltern sind beide schon verstorben. Er kommt aus Agadez und sein Reiseziel ist Niamey. Unseren Staat, die Republik Niger, hat er am soundsovielten in Dirkou betreten." Und und und. Als ich erkannte, mit wem ich es hier zu tun hatte, und daß nichts dagegen zu machen war, habe ich mich gottergeben in mein Schicksal gefügt. Eine kritische Situation trat nur in dem Augenblick auf, als ich bemerkte, daß er diesen ganzen Sermon, zunächst auf einem Extrablatt notiert, Buchstabe für Buchstabe fein säuberlich in sein großes Buch übertrug! Das Ganze dauert geschlagene 90 Minuten! Ich bin anschließend total geschafft, fahre nur noch außer Sichtweise des Postens, schlage mich dort irgendwo in die Büsche und schlafe bei großer Schwüle mehr schlecht als recht.

28. MÄRZ, MITTWOCH

Um 17 Uhr treffe ich in Niamey ein. Die Air Algerie hat einen Flug in dieser Nacht. Aber das Büro schließt um 18 Uhr. Ich suche in größter Eile, der Schweiß rinnt mir nur so am Körper hinab, Bekannte auf, von denen ich weiß, daß sie an meinem Auto interessiert sein könnten. Um 18.30 Uhr ist der Wagen verkauft! 30 Minuten zu spät! Vergeblich versuche ich in der Nacht mein Glück auf dem Flugplatz, dort ist kein Ticket lösbar. Oh Du dreimal verfluchter Mist! Wegen dreißig Minuten werde ich jetzt zwei Tage in Niamey verbringen müssen, zwei Tage lustlose Hitzequal!

Auch Claus und die anderen sind nicht mehr bis Kamerun gekommen. Nach einer Rundreise in Nigeria sind sie über die Tamanrasset-Piste nach Europa zurückgekehrt. Auf der Autobahn zwischen Basel und Freiburg blieb ihr Bus erneut stehen. Motorschaden.


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